Startseite Christian Sywottek Texte - Wirtschaft, Reise und Gesellschaft Vita Christian Sywottek, Journalist
Texte Wirtschaft Texte Reise Texte Gesellschaft

brand eins, April 2006                                                                                                       zurück zur Übersicht

Einfach gewinnt

Die ING-Diba wächst und wächst und wächst.

Weil sie das Bankgeschäft direkt angeht.
Weil sie weiß, was sie nicht macht.
Weil sie deshalb das, was sie macht, richtig gut machen kann.

• Wenn einer gewinnt, machen ihn die anderen madig. „Käse aus Holland“ haben die Konkurrenten das Geschäftsmodell genannt. Das sei doch nicht lange durchzuhalten.

Mittlerweile stinkt ihnen die ING-Diba (Diba). Die Direktbank aus Frankfurt am Main jagt den etablierten Filialbanken die Privatkunden ab. 2005 eröffneten täglich rund 2100 Kunden ein DibaKonto, mehr als fünf Millionen Kunden sind zurzeit registriert.

Die Deutsche Bank hat in Deutschland rund 8,2 Millionen Privatkunden, die Dresdner Bank 4,9 Millionen, die Commerzbank vier Millionen. Diese Filialbanken sind schon ewig im Geschäft. Die Diba hatte im Jahr 2001 lediglich 880.000 Kunden.

Die Diba ist das am schnellsten wachsende Geldhaus in Deutschland. Wie schafft sie es, sich so gut zu verkaufen?

„Gute Zinsen und eine anständige Behandlung, das ist es, was die Leute wollen“, meint Diba-Vorstandsvorsitzender Ben Tellings, „so langweilig ist das.“ Der 49-jährige Niederländer ist ein kleiner Mann im gestreiften Anzug mit Brille. „Bankprodukte sind nicht sexy“, sagt er.

Genau wie seine Bank, die ehemalige Gewerkschaftsbude. Der SPD-Politiker Georg Leber gründete 1965 die Bank für Sparanlagen und Vermögensbildung AG als Briefbank, damit die Arbeitnehmer ihre vermögenswirksamen Leistungen anlegen konnten. Leber sagte damals: „Mir kommen die Banken vor wie ein alter Hund, der satt ist. Dem kann man ruhig einen fetten Knochen hinhalten, der knurrt nicht einmal.“ Jahrzehntelang blieb die Bank in ihrer Nische, ab 1994 als Allgemeine Deutsche Direktbank. Bis die niederländische ING Group 1998 mit einer Minderheitsbeteiligung einstieg. Seit der vollständigen Übernahme 2003 startet die Diba durch.

Was ist ihr Geheimnis? „Wichtiger als das, was wir machen, ist das, was wir nicht machen“, sagt Diba-Sprecher Ulrich Ott. Ott ist Literaturwissenschaftler. Ungewöhnlich für eine Bank, es passt aber zur Diba.

Die Diba ist anders. Sie arbeitet ausschließlich für Privatkunden. Hat kein Investmentbanking. Keine Firmenkunden. Und sie bietet nur 14 Produkte an. Von denen lediglich vier aktiv beworben werden: Tagesgeld, Wertpapiergeschäft, Baufinanzierung, Konsumentenkredite. Sie betreibt keine Filialen und bietet keine Beratung. Und trotzdem laufen Kunden scharenweise zur Diba über.

Die Bank profitiert von den Schwächen der anderen Kreditinstitute. Von Banken, die lange Mittagspausen machen, und geschlossen sind, wenn Arbeitnehmer freihaben. Die auf Girokonten keine oder lächerliche Zinsen zahlen. Die hohe Überziehungszinsen verlangen. Die mit Sonderkonditionen locken, die schon abgelaufen sind, wenn der Kunde sein Konto eröffnet hat. Die den Normalsparer verachtet haben und ihr Heil im Investmentbanking sahen. Die bei Beratungen nur die eigenen Produkte anpreisen und die Kunden am liebsten an Automaten abschieben. Die sich Glastürme bauen und eine Unzahl Filialen betreiben.„Das ist alles viel zu teuer“, sagt Ben Tellings. „Die Kunden müssen das mit Gebühren und schlechten Konditionen bezahlen.“

Die Diba schwimmt wie der Lachs gegen den Strom. Mitten im Börsen-Boom, 1999, bot die Bank ein Tagesgeldkonto mit drei Prozent Zinsen an. Und während andere Banken für jede erdenkliche Lebenslage ein eigenes Produkt entwickelten, reduzierte die Diba ihr Angebot.

Als Ben Tellings 2003 an die Spitze rückte, mistete er aus, machte aus 25 die jetzigen 14 Produkte. „Normalerweise kommt das Marketing an und will neue Produkte lancieren“, sagt Tellings, „aber kaum jemand beachtet die Konsequenzen bei der Technik oder beim Beratungsaufwand. Das wird schnell zu komplex und damit zu teuer. Bei einer Bank gibt es grundsätzlich nur zwei Produkte: Sparen oder Finanzieren. Der Rest sind identische Angebote mit unterschiedlichen Namen, das ist Pseudovielfalt.“

Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht?

Mit ihrer Selbstbegrenzung schlägt die Diba zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie bietet den Kunden Orientierung im Produktdschungel, zudem erleichtert die kleine Produktpalette die Arbeit der Bank. Jedes der wenigen Produkte macht großen Umsatz, der sich mit standardisierten Abläufen abwickeln lässt. Das spart Zeit und Geld. Bei der Diba kommen auf jeden der 2300 Angestellten rund 2200 Kunden. Die Hälfte aller Bankgeschäfte werden via Internet erledigt, Telefon und der Postweg teilen sich den Rest. Die meisten Aufträge werden innerhalb eines Tages bearbeitet, nur bei der Baufinanzierung dauert es länger – maximal drei Tage.

Einfach, einfach, einfach – das ist die Grundregel. Beim Portfolio, aber auch bei jedem einzelnen Bankprodukt. Deshalb steht das Produktmarketing Kopf. „Bei uns wird abgebaut statt ausgebaut“, sagt Tellings. „Kreativ sein bedeutet auch, sich zu konzentrieren.“

Es ist die Aufgabe von Leuten wie Ralf Baum, diese Vorgaben zu konkreten Angeboten zu formen. Der 39-jährige Ex-Telefonist ist Leiter des Produktmarketings der Diba: „Ich muss mir nichts Neues einfallen lassen, aber für die Produkte, die ich entwerfe, muss ich Zahlen liefern.“ Immer wieder forstet Baum die Diba-Angebote durch, um sie noch einfacher zu gestalten. Was der Kunde leicht versteht, ist für ihn attraktiv, bringt also der Diba Geschäft.

So hat Baum aus dem Tagesgeld-Angebot „Extra-Konto“ den Renner der Diba gemacht. Früher gab es eine klassische Variante, einen speziellen Online-Zins, dazu Staffelzinsen. Ab dem 15. April erhöht die Diba den Zinssatz auf 2,5 Prozent, es gibt keine Mindest- oder Höchstanlagesummen, keine Neukunden-Extras. Das Geld ist täglich verfügbar und kostet keinen Cent Kontoführungsgebühr. Die bislang letzte Zinsänderung liegt ein Dreivierteljahr zurück, davor blieben die Zinsen zwei Jahre lang konstant – der Kunde mag Verlässlichkeit. Auch das ist einfach. Heute liegen auf den Extra-Konten 51,6 Milliarden Euro, bei Kundeneinlagen von insgesamt 56,5 Milliarden Euro. Auf die Extra-Konten entfallen rund 70 Prozent der Diba-Erträge.

Konkurrenten werfen der Diba Rosinenpickerei vor. Dabei harmonisiert die Direktbank ihre Produkte lediglich konsequent mit ihrem speziellen Vertrieb und den eigenen Produktionsbedingungen. So können es gewaltige Rosinen sein, die sich die Diba herauspickt. Baufinanzierung im großen Stil galt lange als unmögliches Ding für Direktbanken. Doch die Diba verdoppelte ihr Neugeschäft in 2005 gegenüber dem Vorjahr auf 10,2 Milliarden Euro, verteilt auf 177.000 Finanzierungskonten, und ist bei privat genutztem Wohnraum nunmehr Deutschlands größter Baufinanzierer.

Wie das geht? „Baufinanzierung lässt sich aufpusten wie sonst nichts“, sagt Produktmanager Ralf Baum. „Mit Fonds, Förderbanken, Steuersparmodellen und der Oma in ihrer Einliegerwohnung. Das alles gibt es bei uns nicht.“ Die Diba finanziert nur privat und selbst genutzten Wohnraum, berücksichtigt keine Förderbanken außer der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Und sie finanziert bis zu hundert Prozent. Selbstständige bekommen keinen Kredit, Freiberufler haben eine Chance. Das ist hart, mindert aber das Ausfallrisiko – was sich in niedrigen Baukreditzinsen niederschlägt.

Im vergangenen Jahr bearbeitete die Diba 160.000 Baukreditanträge. Ein solches Pensum schafft sie nur, weil sie sich nicht mit Sonderfällen aufhält. Und die Standardanträge durchlaufen ein Standardprogramm. Im Frankfurter Baufinanzierungstrakt läuft kein Mensch mit Wiedervorlagemappen durch die Hallen. In einem abgeriegelten Glaskasten im Erdgeschoss werden die Anträge gescannt und flitzen sofort als Dateien auf die Bildschirme.

Franz Lücke, 51, ist der stellvertretende Chef der Immobilienfinanzierung und kennt noch die Zeiten, als Aktenberge die Gänge der Bank zumüllten. „Wir brauchen keine Teilungserklärung, keine Fotos, kein Wertgutachten, keine Grenzinnehaltebescheinigung. Und wenn wir sie doch brauchen, besorgen wir sie selbst. Deshalb arbeiten wir so schnell.“ Die Kreditentscheidung fällt ein Programm automatisch, dann bekommt der Kunde sein Angebot. Das war’s. „Nachverhandelt wird nicht“, sagt Lücke. Das wäre auch kaum nötig: Aufgrund ihrer niedrigen Bearbeitungskosten kann die Diba Angebote machen, die in Vergleichstabellen ständig in der Spitzengruppe zu finden sind.

Bei der Baufinanzierung zeigt sich besonders der Reiz des Einfachen, das beiden Seiten nützt: den Kunden, weil sie verstehen, worum es geht. Und der Bank, weil das Massengeschäft die Arbeit erleichtert und damit Kosten senkt. Was beiden Seiten geldwerte Vorteile bringt.

Das Einfache ist jedoch nicht einfach zu machen. „Auf die Schnittstellen kommt es an“, sagt Produktmanager Ralf Baum. Wenn Interessenten im Online-Angebot Formulierungen oder Konditionen nicht verstehen, sind endlose Rückfragen im Call-center die Folge – oder gar keine Anrufe, weil die potenziellen Kunden zur Konkurrenz gehen. Jedes Produkt muss also derart einfach sein, dass es sich selbst erklärt. Wenn die Vertragsformulare nicht so entworfen sind, dass sie sich maschinell verarbeiten lassen, gerät die Fabrik Diba ins Stocken. „Manueller Aufwand ist das Schlimmste für uns“, sagt Baum, „da schrillen hier alle Alarmglocken.“
Denn eines ist klar: Auch wenn die Diba als Direktbank ohne teure Filialen nach eigenen Angaben rund viermal billiger arbeitet als die klassische Filialbank, rechnen sich hoch verzinste Sparkonten oder günstige Baufinanzierungen nur bei einer großen Zahl von Kunden.
„Die Diba hat verstanden, wie der Markt tickt“, sagt Guido Merz, Direktor des Privatkundenzweigs bei der Unternehmensberatung Mercer Oliver Wyman in München. „Der Preis als Markenkern, das kommt den Kunden entgegen.“ Der Trend arbeite für die Diba. „Es ist Alltag geworden, dass Kunden neben ihrer Hausbank auch mal shoppen gehen, ganz smart.“ Der Erfolg der Diba liegt für Merz in einer Mischung aus einem guten Produkt und einer guten Verkaufe. „Die Kunden spüren einen Vorteil. Die Diba spielt ganz oben mit, ist aber nicht immer die billigste Bank. Es ist wie beim Media Markt. Auch der wird als vorteilhaft und günstig eingeschätzt, aber das ist längst nicht bei jedem Produkt der Fall. Trotzdem glaubt man, das beste Angebot zu bekommen. Und ist man schon mal da, dann kauft man auch.“

Das geben die Diba-Banker auch unumwunden zu. „Wir müssen nicht immer die Allerbesten sein, damit die Leute zu uns kommen“, sagt Produktmanager Ralf Baum. „Dafür halten wir unsere Konditionen aber sehr lange.“

Ohne Werbung geht bei der Direktbank allerdings gar nichts

Die Filialbanken tun sich schwer damit, den Direktbankern etwas entgegenzusetzen. Am stärksten gebeutelt sind die Sparkassen mit ihren vielen privaten Kunden. Auch sie stecken in einem Dilemma. Die Filialen sind nun mal vorhanden, mit einem verbundeigenen Direktgeschäft würden sie sich selbst schädigen, die Kosten pro Filiale noch höher treiben.

„Direktbanken sind wie Bauchläden. Dort sammeln sich vagabundierende Gelder, die kriegt man schnell wieder zurück“, sagt Sparkassen-Sprecher Stefan Marotzke. Mit einem „ganzheitlichen Beratungsansatz“ wollen die Sparkassen diesen Kampf um abgesprungene Kunden gewinnen. Statt 50 Prozent sollen die Filialmitarbeiter 70 Prozent ihrer Arbeitszeit mit den Kunden verbringen, sollen in einer halben Stunde deren Finanzen analysieren und dann Pakete verkaufen, für Altersvorsorge und Bildung etwa. „Da nützt Ihnen kein noch so hoch verzinstes Tagesgeld“, so Marotzke. Der Anteil von vermittelten Konsumentenkrediten soll von 20 auf 40 Prozent steigen, der gesamte Produktabsatz um 15 Prozent. „Außerdem können Sie in jeder Filiale auch Online-Banking machen.“

Das freilich löst nicht das Problem, dass Filialbanken grundsätzlich höhere Kosten haben, die sie auch über das Online-Banking erwirtschaften müssen. Was die Gebühren in die Höhe und die Sparzinsen nach unten treibt.

Die Diba hingegen profitiert von einem klaren Kurs der niederländischen Mutter-Bank ING. Neben ihrem Filialgeschäft in den Beneluxstaaten betreibt die ING in neun Ländern Direktbanken – aber nur dort, wo sie keine eigenen Filialen unterhält.

Bei der ING-Diba ist das Direktbanking somit nicht nur ein weiterer Vertriebskanal – es ist der Kern des Ganzen. So löst sie ein Problem, an dem andere Banken scheitern. „Die Sparkassen etwa haben durchaus attraktive Produkte“, sagt Berater Merz, „nur vermuten das viele Kunden gar nicht. Banking ist auch ein Kommunikationswettbewerb.“

Die Diba feuert bei diesem Kampf aus allen Rohren. Kaum ein Tag vergeht, an dem ein Zeitungsleser nicht eine große Anzeige sieht oder einem eine Broschüre in die Hände fällt. Im vergangenen Jahr gab die Bank 129 Millionen Euro für Werbung und Marketing aus. Und sie schießt nicht einfach ins Blaue: Weil nur wenige Produkte beworben werden, bleibe die Gefahr des Verzettelns relativ gering, so Martin Schmidberger, 38, der Leiter der Kundenanalyse.

Schmidbergers Trick: Er pflegt seine Adressdatei. Der Vorteil: Das Wissen über die Kunden hat seine Abteilung, nicht irgendein Filialmitarbeiter. Jede Nacht hechelt ein Computer die Daten durch und spuckt mögliche Anknüpfungspunkte aus. „Wir haben an die 60 Reaktionsfälle“, sagt Schmidberger, „und für jeden Fall ein Drehbuch.“ So bekommt jeder Kunde vier Wochen nach der Kontoeröffnung seine Spar-Angebote. Rutscht jemand in den Dispo, weist ihn die Diba auf einen Ratenkredit hin. „Wir machen Mailing passend zum Gefühlszeitpunkt. Eigentlich ist das ganz trivial.“ Schmidbergers Mailing habe eine fünfmal bessere Rücklaufquote als das übliche Blind-Mailing.

Die Filiale der Diba ist das Callcenter

Schmidberger arbeitet an der Quadratur des Kreises. Die Diba bietet lediglich Standardprodukte, schafft es aber, die Kunden individuell anzusprechen. Er nennt das „gefühlte Individualität“. Individuelle Betreuung reklamieren die Filialbanken als ihren großen Vorteil. Warum aber sollte ein Kunde zu ihnen gehen, wenn er sich ohne menschliches Gegenüber ebenso aufgehoben fühlt?

Der Erfolg entscheidet sich auch bei der Diba im täglichen Geschäft, das heißt im Callcenter. „Wir haben nichts als unsere Stimme“, sagt Gabriele Neitzke, Chefin des Kundendialogs. In drei Callcentern wie dem in Hannover mit seinen 350 Telefonisten geht es darum, die Kunden nach den Versprechen der Werbung nicht zu enttäuschen.

Zunächst sieht das Callcenter aus wie jedes andere. Helle Tische, grauer Teppich, hier und da eine Grünpflanze. Erst dann fällt auf: Nirgendwo herrscht Hektik. Mitarbeiter blättern in einer freien Minute in der Zeitung, obwohl die Chefin guckt. „Am anderen Ende der Leitung ist immer ein Mensch“, sagt Gabriele Neitzke. „Gute Stimmung transportieren Sie nicht in einer Umgebung mit Druck, miesen Arbeitsbedingungen und schlechtem Umgangston.“

Das Callcenter ist zudem das Ergebnis einer klaren Aufgabenteilung. Die Telefonisten müssen sich keine Produktlösungen einfallen lassen, und sie müssen nicht verhandeln – die Konditionen stehen fest. Sie müssen auch nicht entscheiden – das machen andere Kollegen. Die Telefonisten, zumeist mit kaufmännischer Ausbildung und Diba-Training, erledigen reine Routineaufgaben – das lässt trotz 15.000 Anrufen täglich Energie für Freundlichkeit und schnelle Reaktion. Vier von fünf Anrufen nehmen sie innerhalb von 20 Sekunden an.

Freundlichkeit und Service im Callcenter sind bei einer Direktbank entscheidend, denn nur dort trifft sie auf die Kunden. Deshalb werden Neukunden bei der Diba nicht auf eine „Quatschmaschine“ (Neitzke) geschaltet, die sie irgendwohin weitermakelt. Deshalb vergibt die Bank die Telefonarbeit nicht nach außen und hat im März mit Verdi einen unternehmensweit einheitlichen Tarifvertrag ausgehandelt – eine Seltenheit in der Callcenter-Branche. Deshalb gibt die Diba keine Abschlusszahlen oder Zeit-Limits pro Telefonat vor. „Wir kennen jede Zahl“, sagt Neitzke, „aber wir greifen nicht gleich ein. Denn das würde jeder Agent ausstrahlen: Fass dich kurz, Kunde, du verdirbst mir die Taktzahl.“ Und: „Zehn-Stunden-Tage gibt’s bei uns auch nicht, das macht nur die Mitarbeiter kaputt.“ Die niedrige Fluktuationsrate von 1,5 Prozent spricht für sich.

Die kleine Diba mit ihren vielen Kunden schaffte im vergangenen Jahr ein Ergebnis vor Steuern von 269 Millionen Euro. Ihr Weg dorthin erscheint so simpel wie nachahmenswert. Wenige Standardprodukte, damit sich Masse bankintern einfach und kostengünstig abwickeln lässt. Einfache Standardprodukte, damit der Kunde sie von selbst versteht, was die Beratungskosten senkt. Massive und zugleich punktgenaue Werbung, damit die Welt Bescheid weiß. Guter Service, damit sich die Kunden wohl fühlen.

Das zieht die Diba seit Jahren durch. Die Filialbanken sind in ihrer Struktur gefangen. Und die anderen Direktbanken? „Die Diba hat einen beträchtlichen Zeit- und Marketingvorteil“, sagt Guido Merz von Mercer Oliver Wyman, „ob der noch aufzuholen ist, das vermag ich nicht zu sagen.“

Zurzeit ist es nur die Diba selbst, die der Diba Grenzen setzt. Sie wird keine „Pakete“ packen. Sie wird nicht beraten oder Vertriebsleute durch die Gegend schicken und keine Versicherungen verkaufen. „Wir wollen nicht so sein wie die kleine Raupe Nimmersatt“, sagt Diba-Chef Ben Tellings. Die fraß bekanntlich alles durcheinander. Und bekam fürchterliche Bauchschmerzen. --

zurück zur Übersicht

         Tel.: +49 (0)221 - 92291752, Mobil: +49 (0) 170 - 8132840, E-Mail: mail@sywottek.de Impressum  Christian Sywottek, Journalist